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Bewegung auf Rezept?
Gesund durch Joggen? Geheilt dank Krafttraining? Neueste Studien zeigen, warum Muskeln tatsächlich wie Medizin wirken können – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig trainiert.
Die jüngste Erkenntnis der Wissenschaftler: Wer sich regelmäßig bewegt, sendet über seine aktive Muskulatur antientzündliche Botenstoffe aus. Muskeln sind so etwas wie ein Netzwerk des Körpers, sie sind untereinander verbunden, der Kontakt funktioniert über Botenstoffe und auf diese Weise sind sie auch mit allen großen Organen im Austausch. Beim Krafttraining werden diese Botenstoffe, sogenannte Myokine, in den Blutkreislauf ausgeschüttet, sie wandern von Zelle zu Zelle und aktivieren so den gesamten Körper auf kraftvoll positive Weise.
Muskeln kommunizieren mit Organen
Dieses Netzwerken der Muskulatur katapultiert die Bewegung zu einem medizinischen Allheilmittel, das manche Ärzte sogar schon auf Rezept verschreiben. Denn die Myokine, die zwischen Muskeln und Organen kommunizieren, bekämpfen stille Entzündungen, die im Körper ablaufen. Diese stillen Entzündungen laufen meist unbemerkt ab und können über die Jahre großen Schaden in den wichtigen Organen anrichten. Deshalb attestieren Forschende moderatem Sport mittlerweile sogar eine lebensverlängernde Wirkung.
Schon 15 Minuten Bewegung am Tag, weiß das „Deutsche Ärzteblatt“, senken das Mortalitätsrisiko um 14 Prozent. Die „Superaktiven“, die 50 Minuten am Tag intensiv Sport treiben, können ihr Sterberisiko sogar um knapp die Hälfte reduzieren. Ein weiteres Argument für die gesundheitlichen Vorteile von Bewegung entdeckte unlängst ein deutsches Forscherteam: Regelmäßiger Ausdauersport – also drei Mal pro Woche rund 45 Minuten – aktiviert das Enzym Telomerase. Dieses Enzym verlängert die Schutzkappen der Chromosomen, die sogenannten Telomere. Die sind für die Lebensqualität im Alter extrem wichtig, diese telomeren Schutzkappen verjüngen die Körperzellen.
Positiver Nebeneffekt: Wer gut trainiert ist, kann im Prinzip essen, ohne zuzunehmen. Hintergrund: Trainierte Muskeln verbrauchen Kalorien – sogar im Schlaf. Kein Wunder, dass die Schweden mit der niedrigsten Rate an Adipositas punkten. Sie sind das Volk in Europa, das sich offensichtlich am meisten bewegt.

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Bewegung als genetisches Programm
Bewegung ist längst mehr als Prävention vor Krankheiten. „Bewegung kann so wirksam sein wie ein Medikament“, sagt etwa Klaus-Michael Braumann, Verfasser des Buches „Die Heilkraft der Bewegung“, in dem er beschreibt, wie sogar Krebspatientinnen gesunden mit Hilfe des Therapiebausteins Bewegung. Fakt ist: Unser Körper ist auf Bewegung programmiert. Unsere Vorfahren zogen durch die Steppe auf steter Suche nach Nahrung. Der Wechsel von Anspannung und Entspannung ist also in unseren Genen hinterlegt – auch der moderne Mensch kann ohne Aktivität nicht gesund leben.
Erst durch dieses Wechselspiel kommen physiologische Abläufe in Gang – die Fließeigenschaft des Blutes verbessert sich, der Herzmuskel profitiert von einem größeren Blutvolumen und die Gefäße können sauerstoffreicheres Blut in die Organe transportieren. Kurzum: Vom Immunsystem bis zum Gehirnstoffwechsel hängt unser Wohl stark vom Grad unserer Aktivität ab. Vor 100 Jahren ging der Mensch rund 20 Kilometer per pedes – täglich, wohlgemerkt. Heute schaffen wir im Schnitt laut einer Auswertung von Smartphone-Daten lediglich 5200 Schritte am Tag.
Je mehr, desto besser!
Die WHO empfiehlt, dass sich Erwachsene in der Woche 150 Minuten auf mittlerer Intensität – also gut 20 Minuten täglich – oder 75 Minuten mit hoher Intensität im Ausdauerbereich bewegen sollten. Zudem raten Gesundheitsexperten zu Krafttraining und Muskelaufbau an mind. zwei Tagen die Woche. Einige Sportwissenschaftler würden gerne noch eine Schippe drauflegen, weil Sport so gesund ist. Doch das Wichtigste ist die Konstanz: Bleiben Sie dran!

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Langes Sitzen ist Gift
Keine Frage, wir werden träge, sitzen im Auto, am Schreibtisch und abends vor dem Fernseher, sieben bis elf Stunden verbringen wir in diesem faultierartigen sedentären Lebensstil. Das mag bequem sein, aber es ist nicht gesund. Mittlerweile kursiert unter Ärzten die Ansage: Sitzen ist das neue Rauchen. Manche Mediziner meinen sogar, zu viel sitzen ist noch schädlicher als Nikotinkonsum. Das „Deutsche Ärzteblatt“ bezeichnet Menschen, die mehr als acht Stunden am Tag sitzen als „Extremsitzer“. Diese hätten ein um rund 80 Prozent erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu sportlich aktiven Menschen. Denn Bewegungsmangel spiele in der gleichen Liga wie die klassischen Risikofaktoren Rauchen, Bluthochdruck oder Diabetes.
Auf einen Blick
Deshalb ist Bewegung so gesund:
- stärkt die Muskulatur
- verbessert die Atmung
- normalisiert das Körpergewicht
- senkt Blutdruck und Blutfettwerte
- senkt den Blutzuckerspiegel
- verbessert die Sauerstoffsättigung im Blut
- erhöht den Serotoninspiegel
- bekämpft (stille) Entzündungen
- Prävention von Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus sowie degenerativen Erkrankungen bis hin zu Tumoren (senkt das Krebsrisiko bei Brust-, Prostata- und Darmkrebs)
- Muskeln, Herz und Immunsystem profitieren
- gutes Ventil für Stressabbau
- positive Effekte für das Funktionieren des menschlichen Gehirns
- Förderung des körperlichen & seelischen Wohlbefindens
- Quelle: Helios Gesundheit
Mangel an Bewegung macht krank
Die Weltgesundheitsbehörde WHO schätzt, dass etwa 70 Prozent aller Krankheiten durch Bewegungsmangel ausgelöst werden. Wer sich wenig bewegt, verbraucht wenig Energie, riskiert damit Übergewicht und erkrankt leichter an Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Von Rücken- und Gelenkbeschwerden ganz zu schweigen. Deshalb zählt jeder Schritt. „Gehen verbraucht je nach Tempo zwei bis drei Mal mehr Energie als Sitzen“, erklärt Professor Gerhard Huber, Vorstandsmitglied im Verband Gesundheitssport und Sporttherapie, und fügt provokativ hinzu: „Jede Treppenstufe, die Sie gehen, bringt Ihnen eine Minute längeres Leben.“ Was also tun? „Sie müssen nicht schwitzen, um gesund zu bleiben“, betonen Sportwissenschaftler. Egal ob zügiges Spazierengehen am Strand, Tanzen bei der Beachparty, Nordic Walking, Schwimmen im Meer, Radfahren um den Baggersee, Joggen oder den Garten umgraben – Hauptsache, Sie tun etwas, es macht Spaß und vor allem: Sie bleiben dran. Auf geht’s!
Gut zu wissen!
Viele Krankenkassen ersetzen die Kosten für gesundheitsfördernde Sportkurse wie Pilates, Tai-Chi, Yoga, Rückengymnastik oder Ähnliches. Ein Blick auf die Homepage Ihrer Kasse lohnt sich. Auch finden Sie dort häufig kostenlose Übungsprogramme für Ihr Home-Training auf der Matte. Am besten fangen Sie gleich damit an!